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Böhse Onkelz - Memento

Böhse Onkelz – Memento
VÖ: 28.10.2016
Label: Matapaloz / Tonpool

Gott hat ein Problem! Es gibt endlich wieder neue Noten, neue Schweinereien mit fiesen Liedern und harten Worten von Frankfurts ganzem Stolz.

Eigentlich müsste man jetzt zu diesem Album nichts mehr hinzufügen, doch Snab-Webzine wird dieses für nicht Fans und unentschlossene, interessierte Besucher dennoch rezensieren.

Memento ist Latein, welches übersetzt soviel wie „gedenke“ oder „erinnere dich“ heißt.
Die 4 Jungs wissen es nach all den Jahren in der Versenkung immer noch zu Schätzen, wem sie ihren Erfolg und Rückhalt zu verdanken haben, nämlich ihren Fans. So kam außerdem die Idee, das Albumcover im Zuge einer Tattoo-Aktion, mit den Tattoo-Motiven der Fans zu schmücken. Über 4.000 Motive wurden der Band zugesandt, welches die Grafiker von „ Der Firma die nicht genannt werde  möchte" verarbeiten mussten. Dieses lösten Sie geschickt in dem sie jedes Tattoo in einem extra dafür beigelegtem 120 seitigem Booklet abgedruckt haben. Ein weiteres 6 seitiges Booklet zeigt die 12 neuen Texte der Songs. Aufgenommen wurde das Album in Nashville, Tenesse, Dublin und auf Ibiza.

Kommen wir nun auf die einzelnen Songs zu sprechen. Vorab sei gesagt das Werk spiegelt sich vom Stil her durch die komplette Zeitgeschichte aller Onkelz-Alben ab, welches das Album lebendiger und facettenreicher als je zuvor macht. Ich werde, um euch den Eindruck ein wenig zu erleichtern die Songs mit den früheren Alben vergleichen. Sie geben lediglich einen Anhaltspunkt. Auch wenn diverse Songs in diese Zeitepoche, des von mir genannten Albums, passen würde. So haben alle 12 Lieder eine eigene „neue“ Art und ihre ganz persönliche Note. 12 Jahre nach der Veröffentlichung von „Adios“ darf nicht vergessen werden, dass neben den Solo-Projekten sich nicht nur die Musikgeschmäcker, sondern auch die 4 Herren selbst verändert haben. Trotz der Veränderung, wird ihr hier den Onkelz Wiedererkennungswert finden.

 

 

1. Gott hat ein Problem
Ein klassischer Onkelz-Opener der eine textliche Weiterentwicklung des Zitates „Der Stachel im Arsch der Nation“ sein könnte. Viel Pathos und viele Phrasen kommen hier vor. Doch genau das ist es, was die Gesellschaft die Jahre über die Onkelz gedacht haben. Mit einem schmunzeln wurde es zu Kenntnis genommen, dass die Onkelz 2005 gestorben sind und ungeachtet kamen sie für die Gesellschaft 2014 wieder zurück. Doch mittlerweile verfärbt sich ihr weißes lächeln schwarz. Der Gesellschaft stinkt es mittlerweile wieder an, dass eine Band kritische Gesichtspunkte in Form von knallharten und rotzigen Liedern präsentiert. Gott scheint hier wirklich langsam ein Problem zu kriegen. Doch den „Frankfurtern“ und eingefleischten Fans ist es egal!

2. Frei
Vom Stile her könnte es eher zu dem Album „Dopamin“ passen. Schnelles Tempo, welches zum abfeiern, pogen und pyrotechnischen Feuerwerk einlädt. Gonzo`s Gitarrensound bringt hier den dazugehörigen Groove mit rein. Textlich dreht es sich hier um Kevin`s Drogensucht die er endlich überwunden hat. Er hat förmlich die Ketten gesprengt und seinen inneren Dämon besiegt. Der Text ist aber in einer offeneren Form geschrieben, so das Menschen, die sich vielleicht nicht so mit Kevin seiner Geschichte befasst haben, sich den Song auch für sich, als nicht (Ex-) Drogenabhängiger beanspruchen könnten. Er kann nämlich genauso eine psychich gestörte Krankheit, wie z.B. Depression, Schizophrenie etc. beschreiben. Ein Dämon der einem nicht mehr klar denken ließ und dessen man nun besiegt hat.

3. Markt und Moral
In der Nacht vor der offiziellen Veröffentlichung von Memento hat die BO-Crew, die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main mit eben diesen Spruch, „Markt und Moral“, einem Totenkopf, dem BO-Logo und Memento Schriftzug vom entfernten Ufer aus, in einer Guerilla Aktion bestrahlt. In diesem Song geht es unter anderem um das Finanzsystem, die Macht der Banken mit ihren dubiosen Systemen, den Lügen der Politiker und ihrer Machtgeilheit, sowie unnötige, zu schwache oder nicht angewendete Gesetze. Außerdem geht der Song auch an alle Profitgierigen Menschen die zwischenmenschliches vergessen haben. Den Song könnte man zur Schaffensphase von „Ein böses Märchen...“ einordnen. Er basiert auf eine Idee des Schlagzeugers „Pe“ Schorowsky und groovt wie Hölle.

4.
Jeder kriegt was er verdient
„Bevor wir deine Füße küssen, werden wir sie dir brechen. Mit einer Knarre zwischen deinen Zähnen kannst du nur in Vokalen sprechen.“ Kevin Russell hat nicht zuviel versprochen, als er sagte: ...“bissiger und rotziger waren wir schon lang nicht mehr!“... Er möge recht behalten. „Frankfurts ganzer Stolz“ ist zurück! Eine weitere Abrechnung an die Medienlandschaft da draußen. So böse, wie die „böse Menschen, böse Lieder“ und der „Heiligen Lieder“ dessen Song „Gehasst, verdammt, vergöttert“ gut in diese Kategorie passen würde. Im Mittelteil erwartet euch ein schönes Soli von Gonzo.

5.
Mach`s dir selbst

 

Eine musikalische Mischung aus den Alben „Dopamin“, „Böse Menschen, böse Lieder“, „Ein böses Märchen“, „Adios“ und der „E.I.N.S“ bekommt ihr hier geboten. Wer genau hinhört, entdeckt vielleicht die ein oder andere Tonabfolge aus den Solo-Alben von „Der-W“. In „Mach`s dir selbst“ geht es um die Botschaft, sich selbst zu lieben, bevor man andere lieben kann. Steh zu dir und sei du selbst. Nur du kannst dein Leben steuern und entscheidest was gut für dich ist. Anpassung und blindes Mitlaufen bedeutet Stillstand und Tot, eigenes Denken und Handeln öffnet hingegen Türen und erweitert den Horizont. „Denk gefährlich, quer und wild!“

6.
Irgendwas für nichts

 

Ein Song, in dem unter anderem mit all den „schlechten“ Coverbands abgerechnet wird. Textlich die verbal härtere Form von „Kampf den Kopien“. Dazu kommt noch die Abrechnung an die Alles-kritisierer der Onkelz und ihrer Neider.

7.
Wo auch immer wir stehen...
… erinnert mich an das Konzept des Albums „E.I.N.S“, die den Zusammenhalt zwischen Band und ihren Fans symbolisiert. Textlich könnte man hier den Song „Zu nah an der Wahrheit“ nehmen oder „Danke“ vom Album „Ein böses Märchen...“ Eine fantastische Ballade die sowohl zum feiern, als auch genüsslich auf der Couch zu einem Glas Rotwein passt. Holt eure Feuerzeuge heraus... Die Textstelle „Wir werden niemals auseinander gehen“ zeigt hier nochmal auf, es geht eben am besten nur zu viert und nur wenn die Familie, inklusiv ihrer „Neffen und Nichten“ dabei sind. So leid es mir auch für die Soloprojekte auch tut.

8. Es ist sinnlos mit sich selbst zu spaßen
Hier dreht es sich um die Tatsache, dass es wenig Sinn macht sich selbst zu belügen.
Ist die Lüge einmal da, muss du eine immer größere Kraft aufwenden diese Lüge aufrecht zu erhalten.
Man verstrickt sich in immer größere Widersprüche und glaubt den Scheiß am Ende selbst.
Wir bauen unsere eigene Schizophrenie auf und verarschen unseren Denkapparat selbst.
Der Song passt am ehesten zu der Zeit wo
„Schwarz/Weiß“ auf den Markt kam. Autobiografisch könnte es hier auch um Kevin`s Drogensucht gehen, er hat sich selbst verarscht. Sang im Lied „H“ er wäre ab davon und fiel dann doch wieder zurück. Nun rechnet er mit sich selbst ab!

 

9. Der Junge mit dem Schwefelholz
Ein sehr blues- und metallastiges Stück, welches für den geneigten Onkelz Fan erstmal eine schwere Kost sein mag. Auch wenn es einige Fans als eine deutsche Variante von Metallica sehen, hat es hier sehr befremdliche Wurzeln. Er ist zeitgleich auch der längste Song auf diesem Album. Ich gestehe, auch ich benötigte eine gewisse Zeit mich mit diesem Lied anzufreunden. Doch wenn man sich vom typischen Onkelz-Klang löst, nimmt auch dieser Song richtig Fahrt auf. Es dreht sich hier thematisch um eine wahre Begebenheit. Ein Metalfan verbrennt seine Priester-Eltern mitsamt ihrer Kirche.

10. Nach alle Regeln der Sucht

 

Kevin setzt sich zum wiederholten Male mit seiner damaligen Drogensucht auseinander.
Man könnte meinen das es hier der zweite Part von
„Hast du Sehnsucht nach der Nadel“ von der „Es ist soweit“ handelt. Im ersten Teil noch die starke Sucht. Im zweiten Teil dann die Erkenntnis und der bittere Entzug. Schönes aber auch fieses Stück für all diejenigen die sich intensiver mit dem Thema Drogen beschäftigt haben.

11. Auf die Freundschaft
Auf Gute Freunde II“ würde hier wohl am ehesten beschreiben, um was es sich in diesem Song handelt. Hier kann es sich der geneigte Fan selbst aussuchen, ob er im Chorus lautstark mitsingen möchte oder man lieber genüsslich mitschunkelt und nach den „Sternen“ greift. Ein Song dessen Handschrift die von Gonzo trägt.

12. 52 Wochen
Nach den Liedern wie „Erinnerungen“ und „Ihr hättet es wissen müssen“, könnte „52 Wochen“ der neue Abschlusssong eines Konzertes werden. Meist ist mit einer Tour auch das Jahr zu Ende. Passend somit das alte Jahr Revue passieren zu lassen. In diesem Song wird das Jahr als ein sehr negatives dargestellt. Ob dieses von den Onkelz ein autobiografischer Text ist, können nur die 4 Jungs selbst beantworten. Wenn man es so sieht war das Jahr 2016, bis auf die arbeiten am Album „Memento“ eher ein ruhigeres Jahr ohne Konzerte und deren „Schnick-Schnack“. Für viele Zuhörer und der Gesellschaft könnte dieser Song sicherlich wie die Faust aufs Auge passen. Jeden Tag aufs neue gab es Hiobsbotschaften und negative Nachrichten. Sei es nun die Flüchtlingswelle, Erdogan in der Türkei, Putin und Kreml, CETA & TTIP oder die vielen weiteren nicht nur politischen desaströsen Themen, jeden Tag hatte man das Gefühl es wird noch schlimmer. Dieser Song strahlt aber nicht nur negatives aus. Eine depressive Stimmung kann sich somit nicht so leicht breit machen.
Der Song sagt viel mehr aus. Nämlich, dass jedes noch so graue Jahr, auch nur 52 Wochen hat.
Daher zitieren wir einfach mal die Songstelle …. „Frohes neues Jahr, das alte kann mich mal“ …. „Wo ist der Erste-Hilfe-Kasten, das Jahr ist um, Zeit auszurasten.“ ….


Fazit:
Nie war die Anspannung und Erwartungshaltung der treuen Fangemeinde so hoch.
12 Jahre gab es keine neuen Noten
(ausgenommen, des aus der Not geschriebenen Songs
„Wir bleiben“, der meiner Ansicht gar nicht mal ein so schlechter Song ist, wie ihn die Band und einige Fans hinstellen). Viele fragten sich, wie wird das neue Album klingen, hat Kevin noch die gleiche rotzig, freche Gossenstimme? Wie ich eingangs schon erwähnt habe, sind nach „Adios“ stolze 12 Jahre vergangen, es bildeten sich neue Musikgeschmäcker bei allen 4 Bandmitgliedern, die sie auch in ihren jeweiligen Soloprojekten mit einfließen haben. Wie erfolgreich die Solo-Projekte auch zum Teil waren, es fehlte immer der gewisse Spirit, den sogenannten Way of Life, das Zusammenhalt- und Familiengefühl. Man hat jenes zum Teil auch bei den Soloprojekten verspürt, doch war der Bund nie so fest wie er einst bei den Onkelz gewesen ist. Dieser Spirit ist spätestens nach den Comeback Shows wieder da. Auf diesem Album hört man die Veränderung raus, weshalb einige Fans das Album als schlecht bewerten. Zu Unrecht! Viele Hörer sollten sich die Frage einmal stellen: Wer hat sich in sein Leben nicht auch schon mal verändert? 12 Jahre sind eine lange Zeit. Doch lässt man das Album unvoreingenommen mal durchlaufen und hört genau hin, erkennt man den alten Onkelz-Stil und viele parallelen der vergangenen knapp 36 Jahre Bandgeschichte. Die Texte sind wieder so giftig wie zu Anfangszeiten. Kevin seine Stimme ist vielleicht nicht mehr so schmutzig, eher klarer. Doch seine Giftigkeit, den Druck und das brachiale hat der mittlerweile 52 jährige Frontsänger der Band nicht verlernt, trotz all der damaligen Drogeneskapaden, die er nun bewältigt und bekämpft hat und den zwei Tennisball großen Stücke die ihm vom Gehirn in einer Operation entnommen wurden sind.

Das Album ist ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der
Onkelz und viele Kritiker werden es wohl schwer haben, dort etwas schlechtes zu finden. Denn alles was zu kritisieren wäre, ließe sich nur durch die Veränderungen der 4 Personen im Alter erklären. Und Veränderungen sind da nun wirklich nach 12 Jahren verständlich.


Anspieltipps:

 

Gott hat ein Problem

 

Markt und Moral

 

Jeder kriegt was er verdient